Das Konzentrationslager Echterdingen – ein Außenlager von Natzweiler-Struthof/Elsass

In die­ser Flug­zeug­hal­le waren die sechs­hun­dert jüdi­schen Häft­lin­ge zwi­schen Novem­ber 1944 und Janu­ar 1945 auf engs­tem Raum zusam­men­ge­pfercht, Auf­nah­me 1992

Im Herbst 1944 for­dert die Orga­ni­sa­ti­on Todt 600 Häft­lin­ge für den Flug­ha­fen Stutt­gart an. Alle kom­men aus Stutt­hof bei Dan­zig, einem Außen­la­ger des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers Ausch­witz. In Güter­wag­gons sind sie zwei Tage unter­wegs. Wann genau die abge­ma­ger­ten Män­ner im Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Ech­ter­din­gen – es liegt auf der Mar­kung von Bern­hau­sen – ein­tref­fen, ist unge­wiss. Es wird aber um den 22. Novem­ber 1944 gewe­sen sein. Denn für die­sen Tag ist der Tod des Nie­der­län­ders Dani­el Wer­ken­dam im Ster­be­re­gis­ter von Bern­hau­sen belegt. Die Häft­lin­ge hau­sen in einem Han­gar auf dem Flug­ha­fen­ge­län­de. Sie müs­sen Start- und Lan­de­bahn aus­bes­sern und in einem ent­fern­ten Stein­bruch Stei­ne bre­chen. Der Weg dort­hin führt durch die Dör­fer. Man­che der Dorf­be­woh­ner wagen es, ihnen Nah­rung hin­zu­le­gen – vie­len aber fehlt der Mut. Bis zum 8. Dezem­ber wer­den ins­ge­samt neun­zehn Tote zum Fried­hof Ess­lin­gen trans­por­tiert und dort ein­ge­äschert. Die Namen die­ser Män­ner sind bekannt. Nach­dem die Fried­hofs­ver­wal­tung jedoch die Auf­nah­me wei­te­rer Juden wegen angeb­li­chen Brenn­stoff­man­gels ablehnt, weist der Bern­häu­ser Bür­ger­meis­ter Hein­rich Blanz dem Lager­lei­ter René Roman ein Wald­stück zu. Dort müs­sen Häft­lin­ge für sechs­und­sech­zig ihrer Mit­ge­fan­ge­nen zwei Mas­sen­grä­ber aus­he­ben. Da das Ster­be­buch bei Kriegs­en­de absicht­lich ver­brannt wird, sind die­se Opfer namen­los. Im Janu­ar 1945 wird das Lager wegen einer Fleck­fie­ber­epi­de­mie auf­ge­löst. Die ers­ten Trans­por­te mit 100 Häft­lin­gen gehen ins KZ-Außen­la­ger von Natz­wei­ler-Strutt­hof nach Vaihingen/Enz. Dort ster­ben vier­und­sieb­zig Män­ner. Neun­und­fünf­zig Häft­lin­ge wer­den nach Ber­gen-Bel­sen ver­frach­tet, 320 ins Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Ohrd­ruf. Inzwi­schen ist sicher, dass bis Janu­ar 1945 noch wei­te­re vier­und­drei­ßig Häft­lin­ge im Lager zu Tode gekom­men sind. Bau­ar­bei­ter ent­de­cken deren Mas­sen­grab auf dem US-Air­field am 19. Sep­tem­ber 2005. Nach erfolg­ter Exhu­mie­rung stoppt die jüdi­sche Gemein­de wegen des hohen reli­giö­sen Wer­tes der Toten­ru­he wei­te­re gerichts­me­di­zi­ni­sche Unter­su­chun­gen. Am 15. Dezem­ber 2005 wer­den die Toten an glei­cher Stel­le nach jüdi­schem Ritus bei­gesetzt. gsj

Gedenk­stein auf dem Ebers­hal­den­fried­hof in Ess­lin­gen für die 85 in Ess­lin­gen begra­be­nen KZ-Häft­lin­ge des Außen­la­gers Echterdingen


  • Bar­ba­ra Keu­er­le­ber-Sieg­le: Das Lager Ech­ter­din­gen. In: Natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger im Dienst der tota­len Kriegs­füh­rung – Sie­ben würt­tem­ber­gi­sche Außen­kom­man­dos des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers Natzweiler/Elsaß. Hrsg. von Her­wart Vor­län­der. Stutt­gart 1978. S. 131–148.
  • Gud­run Sil­ber­zahn-Jandt: Vom Pfarr­berg zum Hit­ler­platz. Fünf Fil­der­dör­fer wäh­rend der Zeit des Natio­nal­so­zia­lis­mus. Eine Topo­gra­phie. Fil­der­stadt 1994 (Fil­der­städ­ter Schrif­ten­rei­he zur Hei­mat- und Lan­des­kun­de, Bd.9).
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