14.06.2006 · Wolfgang Schuster

Dr. Wolfgang Schuster
Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart


Grußwort

Die Gleis­an­la­gen des Inne­ren Nord­bahn­hofs sind ein authen­ti­scher Ort von außer­ge­wöhn­li­cher Bedeu­tung für die Lan­des­haupt­stadt Stutt­gart und das gan­ze Land. Vom Inne­ren Nord­bahn­hof wur­den die – mehr­heit­lich aus Stutt­gart stam­men­den – jüdi­schen Bür­ger aus dem gan­zen Land deportiert.

Ein sol­cher Ort ist beson­ders geeig­net, his­to­ri­sche Sach­in­for­ma­tio­nen zu ver­mit­teln und zugleich ein öffent­li­ches Zei­chen in die Gegen­wart und für die Zukunft zu set­zen. Ver­mitt­lung von Geschich­te mit der Per­spek­ti­ve der Zukunfts­fä­hig­keit bedarf für die Zeit nach dem Tod der Erleb­nis­ge­ne­ra­ti­on der kon­kre­ten, sinn­fäl­li­gen Ver-Ortung im authen­ti­schen Kontext.

Über die his­to­ri­sche Authen­ti­zi­tät hin­aus sind Glei­se und Züge in der Rezep­ti­ons­ge­schich­te zu einer Meta­pher für die Shoa gewor­den. Die­ser Bezug ver­deut­licht zudem den von der Geschichts­wis­sen­schaft ein­drück­lich ana­ly­sier­ten büro­kra­ti­schen Pro­zess des staat­lich orga­ni­sier­ten, gleich­sam indus­trie­mä­ßig betrie­be­nen Massenmords.

Gedenk­or­te sind Teil des kol­lek­ti­ven öffent­li­chen Gedächt­nis­ses. Sie erin­nern nicht nur an his­to­ri­sche Ereig­nis­se oder Per­so­nen. Sie reprä­sen­tie­ren auch das kul­tu­rel­le Selbst­ver­ständ­nis einer Gesell­schaft, sind mit einem Appell ver­bun­den und wei­sen in die Zukunft.

Nicht nur Gedenk­or­te son­dern auch immer­wäh­ren­de oder wie­der­keh­ren­de Ereig­nis­se und Ver­an­stal­tun­gen erin­nern an das schmerz­li­che Gesche­hen. Die Stadt Stutt­gart setzt auch Zei­chen mit der jähr­li­chen Ver­lei­hung der Otto-Hirsch-Gedenk­me­dail­le und mit der Unter­stüt­zung der Jüdi­schen Kul­tur­wo­chen. Das Reich­hal­ti­ge Pro­gramm, das die unter­schied­li­chen Facet­ten jüdi­schen Lebens auf­zeigt, bie­tet allen Bür­ge­rin­nen und Bür­gern die Chan­ce, sich mit dem Leben in der jüdi­schen Gemein­de aus­ein­an­der zu set­zen und durch gegen­sei­ti­ges Ken­nen­ler­nen, Tole­ranz, Ver­ständ­nis und Freund­schaft zu entwickeln.

Mit der Rea­li­sie­rung des Pro­jekts „Zei­chen der Erin­ne­rung” unter­stützt die Stadt Stutt­gart gemein­sam mit den Initia­to­ren die Bemü­hun­gen, die Erin­ne­rung an die tra­gi­schen Ereig­nis­se wach zu hal­ten und den künf­ti­gen Gene­ra­tio­nen ein mah­nen­des Zei­chen zu setzen.


Publiziert in:
Zeichen der Erinnerung…
1. Auflage 2006 (S. 9)
2. überarbeitete Auflage 2006 (S. 7)
3. Auflage 2009 (S. 9)

 

 


Main­hard Tenné