21.08.2022 · Grußwort Inge Auerbacher

Wir alle erin­nern uns an die sehr bewe­gen­de Rede, die Inge Auer­ba­cher am 27.01.2022 im deut­schen Bun­des­tag gehal­ten hat. Gesund­heit­li­che Grün­de mach­ten einen erneu­ten Deutsch­land-Besuch der in New York leben­den Zeit­zeu­gin unmög­lich. Wir dan­ken für ihre Bot­schaft, die wir hier abdrucken:

Es tut mir sehr Leid, dass ich nicht per­sön­lich heu­te bei euch bin, da ich momen­tan Pro­ble­me mit mei­nem Rücken habe und momen­tan nicht rei­sen kann. 80 Jah­re sind hin­ter uns als ich mit mei­ner Pup­pe Mar­le­ne und Eltern am Kil­les­berg in Stutt­gart anka­men. Es war der XIII‑1 Trans­port, der am 22. August, 1942 nach The­re­si­en­stadt ging. Ich war 7 Jah­re alt und die Jüngs­te von ca. 1100 Per­so­nen. Mei­ne Num­mer war: XIII‑1–408. Wir muss­ten uns in einer gro­ßen Hal­le ohne Bet­ten, Matrat­zen, und wenig Stüh­le auf­hal­ten. Hilf­lo­se älte­re Men­schen heul­ten und schrien vor Angst durch die Näch­te die wir dort ver­brin­gen muss­ten. Nach eini­gen Tagen war der Per­so­nen­zug bereit, vom Nord­bahn­hof in Stutt­gart uns in die Höl­le The­re­si­en­stadt zu brin­gen. Der Zug war voll gedrängt mit hilf­lo­sen Men­schen. Die Fahrt dau­er­te ein paar Tage. Wir kamen in Bau­scho­witz an; ein Vor­ort von The­re­si­en­stadt. Bald umzin­gel­te uns das Gar­ni­sons­städt­chen mit Back­stein­mau­ern, Holz­zäu­ne und Sta­chel­draht. Das Gebiet war voll mit Unge­zie­fer: Rat­ten, Mäu­se, Wan­zen, Flö­he und Schmutz. The­re­si­en­stadt soll­te die­nen als Vor­ort zu der Ver­ga­sung in Ausch­witz, oder vom Hun­ger und Krank­hei­ten in The­re­si­en­stadt zu ster­ben. Das KZ wur­de end­lich am 8. Mai 1945 von der Roten Armee befreit. Ich war 10 Jah­re alt. Eini­ge Zeit nach der Befrei­ung hol­te uns ein Auto­bus von Stutt­gart ab. Ganz weni­ge Per­so­nen von unse­rem Trans­port hat­ten über­lebt. Mei­ne Eltern und ich zogen 1946 nach New York, wo ich heu­te noch woh­ne. Soviel ich weiß, bin ich das ein­zi­ge Kind von allen Trans­por­ten, die aus Stutt­gart gin­gen, das am Leben blieb.

Ich schlie­ße mit mei­nem Herzenswunsch:

Men­schen­hass ist etwas Schreckliches.

Wir sind als Brü­der und Schwes­tern gebo­ren. Mein innigs­ter Wunsch ist die Ver­söh­nung aller Men­schen. Sei Hüter dei­ner Schwes­tern und Brü­der, dann wird dein Glück immer blü­hen. Wir sind alle als Kin­der Got­tes gebo­ren. Für Einig­keit und Frie­den öff­nen sich die Tore. Die Ver­gan­gen­heit darf nie ver­ges­sen werden.

Zusam­men wol­len wir beten für Einig­keit auf Erden. Lasst uns gemein­sam einen neu­en Mor­gen sehen. Die­ser Traum soll nie ver­lo­ren gehen.