Julius Baumann

* 20. Janu­ar 1898 in Stuttgart,
† 1. Okto­ber 1942 in Mauthausen

»Er gab sein Leben für die jüdische Gemeinschaft«

Der 1898 in Stutt­gart gebo­re­ne Juli­us Bau­mann ist von Beruf eigent­lich Kauf­mann. Er gilt jedoch als her­vor­ra­gen­der Sport­ler und ist eini­ge Zeit Schieds­rich­ter bei den Stutt­gar­ter Kickers. Spä­ter enga­giert er sich im jüdi­schen Sport­ver­ein. Dane­ben besteht in Stutt­gart seit Novem­ber 1935 eine jüdi­sche Sport­schu­le, deren Ein­rich­tung das Kult­mi­nis­te­ri­um als Aus­bil­dungs­stät­te für jüdi­sche Sport- und Turn­leh­rer ver­langt hat­te. In den Räu­men des Ortho­pä­di­schen und Gym­nas­ti­schen Insti­tuts von Ali­ce Bloch in der Zep­pe­lin­stra­ße fin­det der Unter­richt statt; auf dem Lehr­plan ste­hen auch Hebrä­isch und jüdi­sche Geschich­te. Für den Fach­un­ter­richt reist zwei­mal wöchent­lich ein aka­de­mi­scher Sport­leh­rer aus Hei­del­berg an. Der Schwimm­un­ter­richt, der zur Abschluss­prü­fung nötig ist, kann nur des­halb statt­fin­den, weil die Mit­be­nut­zung des Lud­wigs­bur­ger Schwimm­ba­des erreicht wer­den kann​.In Stutt­gart ist den jüdi­schen Mit­bür­gern die Nut­zung der Schwimm­bä­der ver­bo­ten. Als die Schu­le geschlos­sen wird, über­nimmt Bau­mann den Unter­richt, der auch zur Vor­be­rei­tung für die Aus­wan­de­rung dient. Obwohl Juli­us Bau­mann noch kurz vor Aus­bruch des Zwei­ten Welt­kriegs die Chan­ce hat, nach Eng­land aus­zu­wan­dern, bleibt er in Stutt­gart. Er unter­weist nicht nur Sport­stu­den­ten, son­dern auch Kin­der und Jugend­li­che, denen er auf die unter­schied­lichs­te Wei­se Freu­de berei­ten will. So hebt er eigen­hän­dig die Gru­be für ein Kin­der­schwimm­be­cken aus. Ange­sichts der immer schwie­ri­ger wer­den­den Situa­ti­on für die Juden in der Stadt, nutzt er die Turn­hal­le des jüdi­schen Sport­ver­eins als Ver­steck für Gemü­se, das die jüdi­schen Mit­bür­ger nicht mehr kau­fen dür­fen und das er von »ari­schen« Mit­bür­gern zuge­scho­ben bekommt. Aus die­sem Grund bleibt er vie­len Mit­bür­gern als Trost und Vor­bild in guter Erinnerung.Diese Hilfs­be­reit­schaft wird Juli­us Bau­mann jedoch zum Ver­häng­nis: Im Jahr 1942 wird er bei der Gesta­po ange­zeigt, durch einen Mit­tels­mann Gemü­se in der Markt­hal­le ein­ge­kauft zu haben. Er wird mit sechs wei­te­ren jüdi­schen Mit­bür­gern ver­haf­tet. Die Män­ner wer­den ins Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger im würt­tem­ber­gi­schen Welz­heim, die Frau­en ins Frau­en­la­ger Ruders­berg gebracht. Alle außer Bau­mann kom­men wie­der zurück. Er wird ins Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Maut­hau­sen ver­schleppt, wo er offi­zi­el­len Anga­ben zufol­ge am 1. Okto­ber 1942 »auf der Flucht erschos­sen« wird. Sei­ne Asche wird auf dem israe­li­ti­schen Teil des Stutt­gar­ter Prag­fried­hofs bei­gesetzt. sk

Maria Zel­zer: Weg und Schick­sal der Stutt­gar­ter Juden. Ein Gedenk­buch. Hrsg. von der Stadt Stutt­gart. Stutt­gart [1964] (Ver­öf­fent­li­chun­gen des Archivs der Stadt Stutt­gart, Son­der­band). S. 255f.